Du gründest einen Bloggerclub – warum?
Am 8. August 2016 haben wir in München den Bloggerclub e.V. gegründet, jawohl, einen echten deutschen Verein. Aus der Sicht der Gründungsmitglieder war das wohl notwendig, denn der Verein wurde einstimmig beschlossen. Da wir alle viel zu tun haben, direkt und indirekt vor allem mit Bloggen, und wir mitten vor den bayerischen Sommerferien gegründet haben, zieht sich der öffentliche Auftritt (bloggerclub.de) leider noch etwas. Deshalb auch hier, von mir, ein paar persönliche Worte über das wieso, weshalb, warum zum Bloggerclub e.V.
Vorweg: Ich bin schon erstaunt darüber, welches Vorurteil einem gegenüber schlägt, wenn man erzählt, dass man Gründungsmitglied eines Vereins ist. Das eine finde ich so typisch deutsch, wie das andere. Der deutsche Verein scheint ausschließlich belegt für Autofahrer, Kaninchen, Schützen und Sportler und wird sofort mit den Funktionären dahinter, die leidenschaftlich um ihrer Selbst willen, um Posten und Pöstchen streiten, in Verbindung gebracht.
Mir persönlich geht es umgekehrt um etwas anderes: um die Demokratisierung und damit einhergehend Entpersonalisierung von Engagement für Blogger. Einige Initiativen werden, in durchaus lobenswerter Absicht, von Einzelpersonen angetrieben – ein Korrektiv und eine Kontrolle ihres Tuns fehlt jedoch. Das muss nicht immer schlecht sein, kann aber in Einzelfällen durchaus nicht gut sein. Das deutsche Vereinsrecht gibt recht genau vor, wie ein Verein zu gründen ist und mit welchen Mehrheiten laut Satzung Entscheidungen getroffen werden müssen – über die Höhe der Mehrheiten, 2/3, 3/4 oder einfache, haben wir wirklich lange gerungen, so das niemand alleine die Oberhand bekommt.
Die Notwendigkeit eines Vereins, abseits der ebenfalls juristisch begründeten, wohl formulierten Zwecke in der Satzung, sehe ich vor allem in drei Punkten: Netzwerk, Professionalisierug und Interessenvertretung. Man könnte also auch sagen, eine Blogger-Lobby.
Bloggerclub als Netzwerk
Es gibt in München aber auch anderswo viele lose Netzwerke von Bloggern und mehr oder weniger professionellen, teilweise branchenorientierten Social-Media-Netzwerken. Genannt seien neben dem Bloggerstammtisch (aus dem heraus die Idee zur Vereinsgründung angestoßen wurden), der Social Media Club, die Ironblogger, Blog’n Burger usw. Die meisten basieren komplett auf Freiwilligkeit und leben davon, dass sich Einzelne selbstlos dafür engagieren, während andere „nur“ partizipieren. Mit einem Verein sollen die Verantwortlichkeiten auf mehrere Köpfe verteilt, und das Netzwerken formalisiert werden. Regelmäßigkeit, deutliche Zuständigkeiten und Ansprechpartner, eine formelle Vereinsadresse (Danke an den Presseclub), geregelte Finanzierung, sollen aus der halbprivaten Nische führen und gleichzeitig vermeiden, dass Einzelne, Privatpersonen oder Unternehmen, die Oberhand gewinnen.
Initiativen aus dem Netzwerk heraus in die Öffentlichkeit sollen damit auch im Namen des Vereins (und damit aller Vereinsmitglieder) stattfinden und nicht als Einzelinitiativen von engierten Privatleuten. In der Außendarstellung dürfte dieser Punkt einen deutlichen Unterschied machen, wenn man nicht für sich, sondern für einen Verein und seine Mitglieder spricht. Ich will also weiterhin bei Blog’n Burger essen, ich trinke weiter mit den formlos organisierten Ironbloggern und freue mich auf den Erfahrungsaustausch unter Profis beim Social Media Club.
Speziell für Blogger, also diejenigen, die regelmäßig selbstständig im Internet publizieren, war eine formelle Organisation jedoch einfach fällig. Bei den Angeboten des Vereins werden wir uns natürlich an bestehenden Veranstaltungen messen lassen müssen – wir dürfen uns anstrengen und ihr dürft gespannt sein, die Latte liegt hoch.
Professionalisierung der Blogger – nicht nur des Geldes wegen
Vor allem, wenn es ums Geld verdienen mit Blogs geht, dürfte mittel- bis langfristig an einer Professionalisierung nichts vorbeiführen. Bereits heute zeichnet sich ab, das Blogs, die sich lohnen – von Mode bis Reise, von Food bis Technik – gewissen Standards genügen müssen, um dauerhaft nennenswerte Umsätze zu generieren. (Ich spreche hier nicht von den gehypten sogenannten Influencer-Stars und Sternchen, die mit unglaubwürdigen Followerzahlen punktuell riesige Werbeumsätze abholen.) Diese Standards festzustellen, zu beschreiben, an den stetigen Wandel anzupassen und mit den Mitgliedern zu diskutieren und sie darauf einzuschwören, wird aus meiner Sicht einer der Hauptaufgaben des Vereins sein.
Die Satzung und der dazugehörige Bloggerkodex, der dieses Standards beschreibt, sind dabei aber bewusst so gefasst, dass Freizeit- und Hobbyblogger, die nur nebenbei veröffentlichen und kein Geld verdienen möchten, ebenfalls angesprochen werden – wir haben auch darauf geachtet, dass Kunst, Satire und viele weitere Themen ohne Einschränkung (natürlich im Rahmen des Grundgesetzes und der sonstigen deutschen Gesetze) möglich sind. Es sollte sich also niemand ausgeschlossen fühlen; vielmehr laden wir alle dazu ein, die bunte Blogosphäre mit und durch den Bloggerclub noch bekannter (und seriöser) zu machen. Um für Unternehmen und Agenturen die Kooperation mit Bloggern zu erleichtern und auf gemeinsame Standards zu heben, soll der Club ebenfalls seinen Beitrag leisten – die Zusammenarbeit soll einfacher, transparenter und lohnender für alle Seiten werden; auch das ein Beitrag zur Professionalisierung.
Blogger brauchen eine Interessenvertretung
Wir alle haben die Ermittlungen wegen Landesverrat um Netzpolitik.org mitbekommen; viele von uns kennen aber auch aus eigenem Erleben die Diskussionen, die man mit Veranstaltern und Unternehmen führen muss, wenn man an Informationen kommen will, die Journalisten ganz selbstverständlich erhalten. Wir wollen, dass anerkannt wird, dass viele Blogger ihren Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leisten; wir wollen, das anerkannt wird, dass man keinen Verlag und keinen Sender „im Rücken“ haben muss, um wertvolle Arbeit für Gesellschaft zu leisten. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass auch Bild der Frau, Playboy, MDR und Blöd-Zeitung (willkürliche, persönliche Auswahl) als Medien gelten, die Privilegien besitzen. Warum soll das für Blogger nicht gelten, sofern sie sich an gewisse Standards, z.B. Bloggerkodex, s.o., halten?
Es gibt aber noch weitere Punkte, die für Blogger wichtig sind, und in denen ein Verein besser seine Stimme erheben kann, als ein Einzelner: dazu zählen etwa die Netzneutralität, die (fast erreichte) Abschaffung der WLAN-Störerhaftung für Hotspots, den erhöhten Druck auf die Bahn für die Einrichtung von WLAN; denkbar sind auch Stellungnahme in Diskussionen um Schleichwerbung (siehe Influencer), Kosten für Kooperationen etc. Ich persönlich könnte mir auch das Engagement für bedrohte Blogger in anderen Ländern der Welt vorstellen usw.
Um mal nach den Sternen zu greifen: Wer vertritt bei Experten-Anhörungen im Bundestag zu den genannten und weiteren Themen eigentlich die Anliegen der Blogger?
Werde Mitglied im Bloggerlub
Wenn du auch der Meinung bist, dass das notwendig ist und die Zeit reif für den Bloggerclub e.V. ist, dann tritt uns bei. Wir sind keine Vereinsmeier; wir sind Blogger, die einen Verein gegründet haben. Hier findest du die Satzung, die Beitragsordnung und den Bloggerkodex (PDF); hier findest du den Mitgliedsantrag (PDF).
Danke für die Erwähnung des Blogger-Stammtischs. Du hast es nicht explizit erwähnt: Kommst du weiterhin zu uns?
Hallo Karin, sorry für die späte Antwort, ich war in Urlaub und auch sonst stark beschäftigt. Generell komme ich gerne weiterhin, wenn es mein Zeitplan zulasst und mich das Thema interessiert. Ob es so regelmäßig sein kann wie in der Vergangenheit hängt von meinem begrenzten Zeitbudget ab, an dem ja jetzt auch der Bloggerclub knabbert. Beste Grüße und trotzdem bis bald.
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