60 Euro für Krautreporter und 120 für correct!v – wer will noch?

Das Dankeschön von "Deiner Korrespondentin" aus Kairo

Das Dankeschön von „Deiner Korrespondentin“ aus Kairo

Post von Sabine Rossi aus Köln: kenne ich nicht. Was ich in dem Umschlag finde, sind zwei in Ägypten von jungen Künstlern gefertigte Untersetzer und eine handgeschriebene Postkarte aus Kairo: „vielen Dank, dass du ‚Deine Korrespondentin‘ unterstützt hast.“ Jetzt erinnere ich mich: das ist das angekündigte Geschenk der Crowdfunding-Kampagne, die ich unterstützt habe. Derzeit werben ja auch die Krautreporter um alte und neue Mitglieder.

Auch ich habe die kritischen Stimmen über Krautreporter gelesen (Aber auch viele, die sie weiterhin unterstützen). Auch ich habe gedacht, dass hier eine Art neues Magazin entsteht, das man gerne neben oder zusätzlich zu den traditionellen Medienangeboten liest. Es kam anders, aber nicht soooo schlecht, dass sie nicht noch eine weitere Chance verdient hätten. Einige Stories waren lesenswert; einige sehr kurz, aber mit viel Wissen angereichert; nicht alles hat mich interessiert, muss es auch nicht. Den Morgen-Newsletter aus New York halte ich für eine gute Quelle und Zusammenfassung. Insgesamt habe ich das Angebot zu wenig genutzt.

Mein Rezeptionsverhalten verträgt sich mittlerweile auch schwer mit einem fixen Medium. Ich bin eine Art „Geschichtenzapper“ geworden. Die Quelle ist mir wichtig, aber ich bin nicht quellentreu, oder um es im Jargon zu sagen, Fan einer einzigen Medienmarke. Ich war mal Anhänger (und langjähriger Abonnent) der Süddeutschen Zeitung; dass ich eine komplette Ausgabe lese hat mittlerweile Seltenheitswert – und bietet keinen Anlass, über ein neues Abo nachzudenken. Zu bekannt die News und vergleichbare Analysen habe ich schon am Vortag irgendwo im Netz gelesen – nicht unbedingt in klassischen Medienangeboten, sondern, hingewiesen von Twitter, auf Blogs und manchmal auch ausländischen Medien. Bei reinen Nachrichten gibt es noch weniger Treue von mir, die hole ich mir auch nur noch aus Twitter.

Bei gedruckten Medien hat das Nichtabo auch den Vorteil, dass man bei kostenlosen Zeitungen in der Bahn, im Flieger oder bei Starbucks oder beim Promotion-Team freie Auswahl hat, ohne dass daheim schon ein Medium für den Tag wartet. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich die letzte Zeitung regulär gekauft habe. Zudem gibts bei uns in der Arbeit ein Süddeutsche-Abo, so dass ich mir gute Geschichten auch hier herausselektieren kann. Im Übrigen scheint die Süddeutsche Zeitung mein Prinzip schon durchschaut zu haben, denn sie bietet nun auch ihre Seite-Drei-Geschichten quartalsweise als Taschenbuch an. Ein guter Service, wie ich finde, der bei mir auf den Nachttisch passt (oder ins Handgepäck für den Kurzstreckenflug).

Ich glaube, an die Flexibilität werden sich die Medienhäuser gewöhnen müssen – zumal sie alle nicht mehr als Hort der Glaubwürdigkeit gelten. Die Zeit bedauert das unter  gefühlten Krokodilstränen in ihrer aktuellen Ausgabe – das ganze liest sich aber eher wie ein: ‚Ach bitte Leser, so schlimm sind wir nicht und sei nicht so nachtragend.‘ Da mache ich ein großes ‚Hmmm‘, nicht nur bei der Zeit: Das absolut dumme und überflüssige Guttenberg Interview vom Chefredakteur; die blöde Klage des Herausgebers gegen ein Satiremagazin; der Chefredakteur, der unter Pseudonym über Spiele eines Fußballclubs schreibt, in dem er Aufsichtsrat ist; die Edelfeder, die im Aufzug des Verlags nur einen hämischen Spruch für Besucher übrig hat (leider selbst erlebt); Börsenberichterstatter, die für Banken werben; generell die Verquickung von Marketing und Werbung mit Redaktion – leider habe ich (zu) viel Medienkompetenz, um das alles als Einzelfälle durchgehen zu lassen. Nein, die selbst ernannte vierte Gewalt im Staat bzw. deren Vertreter fühlten sich so mächtig, wie die, über die sie berichten sollten und diese Nähe zu den Mächtigen und ihre (vermeintliche) Macht über sie hat sie korrumpiert, ihre Glaubwürdigkeit ramponiert. Daran ist nicht die fünfte Gewalt, die Konsumenten im Internet schuld, auch wenn deren Mitglieder wohl oft über die Stränge schlagen – eigentlich drückt sich in dem Begriff „fünfte Gewalt“ schon aus, welche Angst die Medien vor ihren Konsumenten offenbar haben.

Auf der re:publica über die Zukunft des Journalismus diskutiert, u.a Krautreporter von Streit, am Podium, und Pauline Tillmann von "Deine Korrespondentin", 2. v.r.

Auf der re:publica über die Zukunft des Journalismus diskutiert, u.a Krautreporter von Streit, am Podium, und Pauline Tillmann von „Deine Korrespondentin“, 2. v.r.

Während die großen Medienhäuser also daran arbeiten sollten, ihre Glaubwürdigkeit wieder herzustellen (am besten indem auch bei den betroffenen Journalisten etwas Selbstzweifel erkennbar werden) wird es Zeit, etwas anderen Journalismus zu unterstützen. Deshalb bekommen die Krautreporter auch von mir wieder 60 Euro, zudem werde ich Correct!v unterstützen, die unabhängige Recherche- und Bildungsplattform. Dort bestellte ich mir das „Bookzine“, die 200-seitige Zeitschrift mit vielen Geschichten und Fotos, und den Comic, beides hat mir gefallen, beides hat mir kein Abo aufgenötigt. Ich beziehe die Informationen und Geschichten und hole sie mir im Netz von der Plattform ab. In den letzten Monaten haben schon Crowdspondent und Meine Korrespondentin profitiert; ich bin gespannt, ob sich noch ein weiteres Projekt etabliert. Für glaubwürdigen Journalismus und gute Geschichten mache ich gerne noch ein paar Euro locker.

PS: Ja, wer mich kennt, weiß, dass ich in der PR (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations) arbeite. Wer aber glaubt, dass die beste PR, die ohne Journalisten ist, hat sich komplett getäuscht. PR gibt es, weil Unternehmen und Organisationen von der Glaubwürdigkeit der Medien profitieren wollen. An den Journalisten liegt es, die Angebote der PR-Arbeiter darauf zu überprüfen, wie glaubwürdig die Geschichten sind. Einem gekauften Medium kauft man nichts mehr ab, dann ist es auch für PR nichts mehr Wert. Insofern gehen PR und Journalismus eine Symbiose ein und ich kann deshalb umso mehr für guten Journalismus eintreten.

200 Seiten Geschichten, Stories und Bilder: das Bookzine von Correct!v

200 Seiten Geschichten, Stories und Bilder: das Bookzine von Correct!v

2 Comments on “60 Euro für Krautreporter und 120 für correct!v – wer will noch?”

  1. M.E. ein höchst unqualifizieter Beitrag. So nancher Schnorrer mäandert auf diese Weise durch die Medienlandschaft…. Und verargumentieren das schlimmstenfalls noch beruflich motiviert und kompetenzgeschwängert. Na dann!

    • Hallo Stefan, danke für dein Feedback. Ich sehe das etwas anders als du, darum investiere ich etwas. Ich bin auch nicht sicher, ob und was dabei herauskommt, ich finde es aber spannend, die Experimente zu beobachten.

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