Drei #Bücher für #Läufer – #Buchtipp und #Buchkritik

Im Prinzip ist es ganz einfach: das eine ist ein Buch über das Laufen und das andere ein Buch über einen Lauf. In Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede beschreibt der japanische Schriftsteller Haruki Murakami, wie er zum Laufen kam und was im das Laufen bringt. In Der Läufer schildert der Münchner Journalist Christian Kortmann was ihm bei seinem 220km-Non-Stop-Lauf aus dem Stadtteil Giesing (ca. 550m Höhe) bis auf das Timmelsjoch (2509m hoch) alles durch den Kopf geht und passiert.

Während Murakami in klarer, schnörkelloser Sprache den Weg seines Läuferlebens nachzeichnet und begründet sowie einzelne Läufe anhand harter persönlicher und äußerer Fakten schildert, wählt Kortmann den Stil des Treibenlassens. Bei letzterem merkt man nahezu wie die Monotonie eines mehr als 26 Stundenmarathons den Autor in eine Art Trance-Zustand versetzt. Der Spannungsbogen ist in beiden Büchern ähnlich – natürlich liegt beim Münchner Autor die Spannung darauf, wie der Läufer das Timmelsjoch bezwingt und was schließlich bei der Ankunft passiert; beim Japaner wird der Bogen nicht so gespannt, er erzählt statt dessen von Höhen und Tiefen seines Läuferlebens, von Läufen, die er anders gelaufen hat, als erwartet, von der Vorbereitung auf Läufe, so dass man als Leser erfahren möchte, wie die Rennen ausgehen.

Der Unterschied: Biographie gegen Roman

Deutlicher Unterschied der beiden Bücher ist, dass Murakami Erfahrungen aus seinem echten Leben mitteilt, während bei Kortmann der fiktionale Roman überwiegt. Faszinierend ist bei Kortmann dabei, wie real existierende Landmarken Ausgangspunkt für seine Gedanken bilden, die Rückblicke in sein Leben und Fantasien vermischen, so dass sich im Laufe der Lektüre ein Bild des Läufers im Kopf des Leser entwickelt. Murakami hingegen bleibt auch hier bei der Realität, unter anderem dadurch, dass das Buch einige Fotos von ihm enthält, die während der Läufe aufgenommen wurden.

Attraktiv wird das Buch Kortmanns unter anderem auch deshalb, weil der Leser zu Beginn gar nicht merkt, dass der Autor seinen Lauf begonnen hat, erst nach gut 50 Seiten stellt sich heraus, dass das Buch bis zum Schluss von einem einzigen Lauf handeln wird. Dabei schafft es der Autor durch zahlreiche Rück- und Seitenblicke, sein gesamtes Leben aufzublättern – Erinnerungen aus der Kindheit vermischen sich mit Läuferepisoden aus München, er schildert seinen Alltag um gleich wieder zu Läufen in den USA oder Afrika zu springen. Und einen Absatz weiter berichtet er schon von seinem aktuellen körperlichen Zustand (für empfindliche Leser sei gesagt in allen anatomischen Details) und beschreibt detailliert die Landschaft in der er sich gerade befindet. Auch wenn der Läufer offenbar über eine stabile körperliche Konstitution verfügt, erreicht er beim Leser so auch eine gewisse Atemlosigkeit. Inwieweit der Roman tatsächlich bigraphisches aus dem Leben des Autors enthält, ließ sich leider mit einer kurzen Internet-Recherche nicht verifizieren. 

Lediglich 10km vor dem Ziel, bei Kilometer 210 entgleist der Autor etwas, als er sich vorstellt, mit einem Doku-Roman über die US-Pornoindustrie zu einem Beststeller-Autor zu werden. Die Begündungen für die Auswahl derjenigen Darstellerinen, mit denen er nicht nur reden will, ist ihm etwas zu ausführlich geraten – um sich nach sieben Seiten plötzlich wieder den Murmeltieren und Steinadlern kurz vor dem Ziel auf dem Gipfel zuzuwenden.

Letztendlich ergänzen sich Kortmanns “Der Läufer” und Muramakis “Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede”. So schreibt Muramaki:

“Die Gedanken, die mir beim Laufen durch den Kopf gehen sind wie Wolken am Himmel. (…) Sie tauchen auf und verschwinden wieder. Und nur der Himmel bleibt zurück.”

Muramaki versucht aber gar nicht, diese Gedanken einzufangen, während sie bei Kortmann existenzieller Bestandteil seines Romans sind.

In Kürze: Für jede/n, der/die schon öfter mehr als 10km gelaufen ist, oder sich schon mal auf einen (Halb-) Marathon vorbereitet, sind beide Bücher eine lohnende intellektuelle Ergänzung zur üblichen Ratgeber-Literatur. 

Spannender Buchtipp auch für Nichtläufer geeignet

Abschließend nocht ein Tipp für diejenigen, denen Muramaki zu langweilig und Kortmann zu abgedreht erscheint: Trans-Amerika von Thomas McNab. Dieses Buch bietet alles, was ein amerikanischer Abenteuerthriller braucht: 2.000Läufer, darunter 121 Frauen, die reich oder berühmt werden wollen; körperliche Belastungsproben bei Wind und Wetter, die schier unvorstellbar sind; Bestechung, Mafia, Mord und natürlich eine Liebesgeschichte (und auch die bösen, blonden und blauäugigen Nazis fehlen nicht). Es geht um den Lauf, der 1931 offenbar tatsächlich stattgefunden hat, quer durch Amerika. Für ein Preisgeld von 360.000 Dollar geben die Läufer im wahrsten Sinne des Wortes ihr letztes, denn manche haben ihre letzten Ersparnisse für die Anreise und das Startgeld ausgegeben. Anhand von ausgewählten Läufern und des Organisators schildert der Autor bis auf die letzte Seite, dem Happy End natürlich, spannend, was während des 5.062km Laufs in drei Monaten vor und hinter den Kulissen des Rennens passiert – eine aufregende Lektüre, nicht nur für Läufer.

Zum Schluss noch ein Zitat unbekannter Herkunft, das Muramaki in seiner Einleitung verwendet und das wie ein Leitspruch über Langstreckenläufen stehen könnte:

Schmerz ist unvermeidlich, Leiden ist eine Option.

Keep on running!

 

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