Fünf Gründe für Twitter
Eigentlich wollte ich ja fünf Gründe aufschreiben, warum ich Twitter nutze – bis heute früh. Dann kam mir Facebook dazwischen, auf Twitter. Als die Tweets aus den USA kamen, dass knapp 700.000 Facebook-Mitglieder ohne ihr Wissen für Experimente mit ihrem Newsfeed eingesetzt wurden. Und diesmal ging es nicht um Verbesserungen für die Werbe- und Marketing-Abteilungen, sondern Experimente mit (primär) nicht kommerziellem Hintergrund.
Ausführlich beschrieben, mit allen Details der Studie und entsprechenden Querverweisen, hat das James Grimmelmann, Rechtsprofessor an der University of Maryland, in seinem Blog Laboratorium.net.
Er schreibt unter anderem:
We [Facebook] wanted to see if we could make you feel bad without you noticing. We succeeded.
Zu Deutsch also: ‚Facebook wollte ausprobieren, ob sie Mitglieder unglücklich machen können, ohne dass sie es merken. Und sie waren erfolgreich dabei.‘ Kein Wunder, schließlich wurden im Newsfeed mehrheitlich Meldungen angezeigt, die negative Stimmung verursachen.
Und jetzt zu meiner Paranoia und dann zu den fünf Gründen für Twitter:
Im Umkehrschluss heißt das auch, dass Facebook Leute glücklich machen kann, wenn in deren Newsfeed mehrheitlich Meldungen angezeigt werden, die positive Stimmung auslösen. Nach dem Verhalten der Geheimdienste und der Ignoranz der gewählten Regierungen erscheint es nach allem, was wir heute wissen, nicht mehr ausgeschlossen, dass Facebook gezwungen werden könnte, für positive Stimmung in der Bevölkerung zu sorgen.
Dies könnte geschehen, um vermeintlichen Unruhen vorzubeugen, aus welchen Gründen auch immer, oder einfach nur um die Stimmung für Vorhaben der Regierung (bzw. der Geheimdienste oder anderer Mächtigen) zu beeinflussen. Auf jeden Fall würden wir es nicht erfahren, denn das „nationale Interesse“ verbietet ja die Veröffentlichung, wie wir wissen. Auf gut Deutsch: das Volk kann ruhig gehalten oder zumindest abgelenkt werden. Und wer mich für paranoid hält, sollte wissen, dass das Army Research Office die Studie offenbar mit finanziert hat (siehe letzter Absatz hier, Verweis vom Grimmelmann Blog) – ein Schelm, wer….
Kann Demokratie so noch funktionieren – wenn es nicht ausgeschlossen ist, dass das Internet dafür genutzt wird, die Bevölkerung per Algorithmus ruhig zu stellen?
Tut mir leid, Freunde und Freunde, die Facebook mir so nennt: ihr werdet mich dort immer weniger sehen. Dafür gibt es das Blog hier und mich (derzeit noch) auf Twitter. Dafür gibt es sicher mehr als fünf Gründe (und für jeden andere):
Fünf Gründe für Twitter
Anlass für diese Liste ist der Blog-Beitrag von @doener auf dem Wall Street Journal. Dort versucht er dem Phänomen auf den Grund zu gehen, warum Twitter in Deutschland so unpopulär ist. Hier sind meine Gründe, warum ich Twitter nutze:
Der ungefilterte News-Stream
Ich bin ein mündiger, selbst denkender und selbstständiger Mensch. Ich kann selbst entscheiden, wann ich wie viel Zeit darauf investiere, den kompletten Twitter-Feed durchzulesen. Ich brauche niemanden, und schon gar keinen Algorithmus, der für mich entscheidet, was ich zu sehen bekomme. (Wer jetzt einwendet, dass das bei der Zeitung genauso ist, dem sei gesagt, dass ich keine Zeitung mehr abonniert habe und deshalb jedes Mal am Zeitungskiosk neu und frei entscheiden kann, welche Redaktion ich diesmal für mich filtern lasse. Redakteure sind zu dem Menschen und keine Programm-Codes.)
Am Rande sei erwähnt, dass die meisten Nutzer ohne tieferes Internet- und Medien-Verständnis total erschrecken, wenn man ihnen erklärt, dass sie in ihrem Facebook-Feed gar nicht alles zu sehen bekommen, was gepostet wird.
Es gibt Hilfsmittel für Twitter
Um den ungefilterten Strom an Nachrichten in den Griff zu bekommen, gibt es zahlreiche Tools, die das Leben damit erleichtern. Nein, kein Algorithmus, denn ich selbst entscheide, wer zum Beispiel in welche Twitter-Listen kommt – eine private (also nur für mich sichtbare) Liste „Wichtig“ zum Beispiel kann nur Twitterati beinhalten, die für einen selbst wichtig sind.
Oder Tools wie Tweetdeck (oder Hootsuite), die es erlauben Ansichten für bestimmte Hashtags (Suchbegriffe), Twitter-Handles oder Listen zu definieren. Redaktionen, wie etwa der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) oder von der Deutschen Presse Agentur (dpa), bieten übrigens Twitter-Listen an, denen man einfach folgen kann, um über bestimmte Themen auf dem Laufenden zu bleiben. Dafür muss man dann denjenigen in der Liste nicht folgen, was die Übersicht für den eigenen Twitter-Strom erhält.
Zusammenfassend gesagt konfiguriert man sich mit Twitter (und dem Tool seiner Wahl) seinen Newsfeed, wie man ihn selbst braucht. Und aus Erfahrung kann ich sagen, durch Retweets findet man genug Stoff, auf den man selber nicht gekommen wäre. Das sind aber ausschließlich Empfehlungen aus den selbst zusammengestellten Followern und nicht die eines Algorithmus, wie bei Facebook.
Dazu kommt noch: Die Twitter-Suche funktioniert. Ein Thema ist an dir vorbeigegangen – kein Problem. Einfach bei Twitter suchen. Ein Tischtennisclub hat mich ausführlich über die Probleme des Tischtennissports mit dem neuen Ball informiert. Gefunden habe ich den Link über Twitter. Oder ich erinnere mich an einen Twitterati, der ein Thema beleuchtet (hat). Einfach den Account aufgerufen und durchgeschaut. Oder ich höre auf einer Veranstaltung einen guten Vortrag; gleich gesucht, was der Redner auf Twitter zu bieten hat. Möglicherweise ist er ja eine gute Quelle für sein Thema.
Und dank Microsoft und seiner in Deutschland nicht ganz so bekannten Suchmaschine Bing kommt es noch besser: Bing durchsucht ab sofort auch Twitter. Das funktioniert seht schnell und zuverlässig nach meinem ersten Eindruck.
Weiter Hilfsmittel können Tools wie tame.it sein, die Twitter in Abhängigkeit des Accounts nach relevanten Links, Hashtags und Medien-Links durchsuchen.
Twitter ist schnell, einfach und eindeutig
Auch wenn die Twitter-App ständig an Funktionen zulegt ist sie doch im Vergleich mit Facebook schnell und einfach zu verstehen. Die Grundfunktionen: Lesen, Schreiben, Suchen sind in Griffweite. Das macht sie auch auf Events unbezahlbar – sei es Posts zur Veranstaltung oder zur Kontaktpflege. Wenn du weißt, wie dein Gegenüber auf Twitter heißt, kannst du im schon folgen – aufwändige komplexe Apps wie von Facebook oder Xing sind nicht notwendig. Wenn das auch sein soll, erledige ich das gerne vom PC aus.
Twitter veröffentlicht deine Nachrichten außerdem – sonst nichts. Du weißt also genau, was passiert. Bei Facebook hingegen gibt es zahlreiche Funktionen, die nicht eindeutig sind, so können beispielsweise alte Beiträge in deinem Feed plötzlich wieder als aktuell auftauchen, weil, ein laut Algorithmus guter Kontakt von dir, dort nach einem Jahr kommentiert hat. Nicht nur deshalb finde ich Facebook unberechenbar.
Twitter ist kommunikativ
Zugegeben, Twitter ist nicht so schön übersichtlich wie Facebook in punkto Kommentare. Dafür können alle Leute, die mir folgen die Kommentare sehen und nicht nur ausgewählte. Jeder hat also die Chance, sich an der Diskussion zu beteiligten und nicht nur solche, bei denen der Facebook-Algorithmus entschieden hat, dass sie sie sehen dürfen.
Verbessert hat Twitter auf seiner Seite und in den Apps die Anzeige der Diskussionen, es entsteht jetzt auch dort ein Thread, der den Diskussionsverlauf auf einen Blick anzeigt, gleiches mach Tweetdeck und vermutlich auch Hootsuite (das ich nicht im Dauereinsatz verwende).
Und nicht zuletzt oder vielleicht am wichtigsten: Twitter eine Link-Schleuder. Wer Verweise und Hinweise auf gute Beiträge im Internet sucht, wird garantiert bei Twitter fündig, wenn er den richtigen Personen folgt. Egal ob Kakteenzüchter, Social-Media-Experten, Fotografen, Co-Worker, Touristiker – auf Twitter ist für jeden etwas dabei und jeder findet dort Quellen. Übrigens wird die Einbettung von Medien auf Twitter laufend verbessert, vor allem über das schon viel zitierte Tweetdeck, lassen sich Bilder und Videos in der Anwendung anzeigen, ohne dass man Twitter verlassen muss.
Das und noch viel mehr ist Twitter
Doch eines gilt im Social Web immer: jeder kann Twitter nutzen, wie und für was er will. So gibt es auch auf Twitter unendlich viele Spaß-Accounts. Einigen folge ich, weil sie manchmal wirklich guten Humor verbreiten (Siehst du Facebook, s.o., ich kann mich sogar selbst um meine gute Stimmung kümmern.). Manchmal trifft man natürlich auch auf die gar so schrecklichen, „Ich-twittere-alles-was-ich-mache-Accounts“, doch selbst hier gibt es Perlen, die ihren Alltag so schön beschreiben, dass es einfach Spaß macht, ihnen zu folgen.
Mir würden übrigens noch viele weitere Gründe für Twitter einfallen. Wer ist noch nicht überzeugt?
Pingback: DeutschTweetors Twitter Post (1.7.2014) - DeutschTweetor
Danke für den Kommentar, wer auch immer du bist. Ja, es geht auch ohne Social Media. Ich mag ihn aber den „Firlefanz“, warum habe ich ja hier oben am Beispiel Twitter erläutert. Und Journalisten und Medienmacher, dazu gehöre ich nun mal, waren zugegebenermaßen immer schon auch etwas eitel. Man denke nur an den Zeitungsjournalistenspruch „Wer schreibt, der bleibt.“ Bleiben und sichtbar sein gehört also seit jeher schon auch zum Publizieren. Wer nicht in der Öffentlichkeit stehen möchte, muss es ja nicht tun. Mitlesen ist ja auch erlaubt ohne mitzumachen, das vergessen viele.
Wie wär’s denn mal OHNE diesen ganzen unnötigen Social Media Firlefanz? Als ob Twitter irgendwelche höheren Ziele verfolgen würde als Facebook…. Macht, Einfluss, Geld und das Ausnutzen der Eitelkeit und des Narzissmus und des Exhibitionismus seiner Nutzer….
Danke für die Antwort. Wenn alle, die auf Facebook und Twitter und Co schreiben, auch bleiben, dann hat der Medienmensch aber auch diese Exklusivität verloren. Eitelkeit für jeden, sozusagen. Aber darum sollte es nicht gehen. Ich meine nur: wer Facebook kritisch sieht, sollte nicht Twitter hypen, weil selber Brei!