Jetzt sollen die Steuerzahler für die Beseitigung der Betrugsfolgen bei Dieselautos aufkommen? So weit hat es die deutsche Autoindustrie also gebracht.
Erst treibt sie die Autofahrer in die Abhängigkeit: immer bequemere, immer stärkere Autos. Die Sucht nach schneller und komfortabler kennt keine Grenzen, der Vergleich mit dem Firmenwagen (70% aller Neuwagen!) des Nachbarn führt dazu, dass man sich selbst auch noch ein größeres, schwereres und immer schnelleres SUV auf den Parkplatz stellen muss (was bedeutet eigentlich Dienstwagenprivileg?). Was nicht mitwächst sind die Kapazitäten der Straßen, Städte und Dörfer. Die Folge sind dicke 400-PS-Karossen, die sich mit sechs Stundenkilometern 50 Stunden pro Jahr durch den Stau, z.B., in München schieben.

Schon klar, dass Verkehrsregeln und Tempolimits damit zu Vorschlägen statt Vorschriften degenerieren.

Autovergleich einst und jetzt

Immer größere Autos, ohne dass die Straßen mitwachsen und ohne, dass das Wissen des Menschen um seine Reaktionsfähigkeit mitwächst. Das kann nicht gut gehen. Volkdsdroge Auto.

Freude am Fahren und Vorsprung durch Technik hat man schließlich nicht im Stau. Also muss man, wenn die Straße frei erscheint, schon mal aufs Gas drücken, um in den Genuss der Pferdestärken zu kommen und die Sportsitze zu spüren. Das geht sowohl auf der linken Spur der Autobahn, die man auch mal mit 240 Kilometern pro Stunde befahren kann, als auch wenn man im Stadtverkehr an der roten Ampel in der ersten Reihe steht, bis zu nächsten roten Ampel – von Null auf 100 bis zur nächsten Vollbremsung; schlimmstenfalls ans nächste Hindernis, falls es ein Mensch ist, endet das meistens tödlich.

 

Dass der Autofahrer/in dabei die Physik unterschätzt und trotz aller elektronischen Fahrsteuerung die naturwissenschftlichen Gesetze nicht ausgehebelt werden, wird vor lauter Fahrspaß vergessen: bei verdoppelter Geschwindigkeit vervierfacht sich der Bremsweg. Deshalb überschätzt man die Reaktionsmöglichkeiten bei allen Gefahren, die im Straßenverkehr lauern: bei Kindern, die plötzlich auf die Straße springen, bei Gegegenverkehr während des Überholvorgangs, bei Glatteis in der Kurve.

In dem modernen Autos spürt man weder Geschwindigkeit noch andere Gefahren, so dass das alles unterschätzt wird: fast 3.500 Verkehrstote pro Jahr könnnen davon leider nicht mehr erzählen.
Es wird also Zeit, dass sich das Land aus der Abhängigkeit von der Automobilindustrie befreit, um den weiteren Missbrauch der Droge Auto zu verhindern. Wie bei Drogen sollte gelten: null Toleranz, die Straße darf kein rechtsfreier Raum mehr sein. Gefahrenstellen sind regelmäßig oder immer von der (Verkehrs-) Polizei vor Ort zu überwachen, das gilt insbesondere vor Kindergärten und Schulen; aber auch da, wo die Verlockung zu Verkehrsverstößen besonders groß ist, z.B. Nachts auf freier Autobahn etc. Tempolimit auf Autobahnen natürlich generell 130, auf Landstraßen 90 (außer ausgebaut) in der Stadt Tempo 30 (mit Ausnahmen, z.B. auf kreuzungsfreien Ringstraßen) .

In Städten und Dörfern sollte die Regel gelten, dass der Autoverkehr in der Innenstadt nichts zu suchen hat; Vorfahrt haben Fußgänger und emissionsfreie Verkehrsmittel wie Fahrräder oder Elektrotaxis. In der Nähe von Kindergärten, Schulen, Spiel- und Sportplätzen sowie Siedlungen muss der Autoverkehr durch bauliche Veränderungen auf 20-30 Stundenkilometer abgebremst werden. (Sonderregeln für Lieferdienste, die sich an diese Regeln halten, Geschwindigkeitsbegrenzung und Emissionsfrei, können diskutiert werden; ebenso wie ausnahmsweise Zufahrtsregeln, etwa um schwere Waren einmalig abzuholen). Umgekehrt sollte sich daraus ergeben, dass etwa innenstädtische Läden sich zu Lieferverbünden zusammenschließen um ihr Waren gemeinsam auszuliefern.

Statt Land und Stadt immer weiter verkehrsgerecht auszubauen und Flächen zu verbrauchen, sollte dafür gesorgt werden, dass öffentliche Verkehrsmittel in Großstädten größere Akzeptanz bekommen (nicht nur durch Ausbau und nutzerfreundlichere Tarifsysteme) und die Mobilität am Land, vor allem für ältere Leute und solche mit Behinderung, nicht nur durch ein eigenes Auto sichergestellt ist.

Die Industrie wird merken, dass schneller, höher und weiter nicht mehr das Ziel der Entwicklung von Fahrzeugen sein kann. Mobil, sicher und umweltbewusst, so will ich unterwegs – und das erfordert ein Umparken im Kopf, nicht nur von der Marktingabteilung der Autokonzerne. Im Übrigen wird da mit dem autonomen Fahren noch viel mehr auf uns zukommen, als wir uns bisher vorstellen können, hier gibt es eine Liste mit 73 teilweise überraschenden Konsequenzen.

3 Comments on “Volksdroge Auto oder Götterdämmerung einer Industrie”

  1. Zu kurz gedacht und manipulativ und plakativ illustriert. Verkehrstote gehen seit Jahren zurück, Individualverkehr ist nicht wegzureglementieren, ob Diesrl oder nicht. Kreuzfahrtschiffe sind dreckiger! Siehe Porsche: Transportdrohne ist das nächste Ziel. Stinkende, verspätete SBahnen will nun mal keiner. Google wird die Antwort präsentieren, Individualverkehr mit Leitsystem. Alles andere ist Utopie, denn: einer der grössten Absatzmärkte der Welt, von dem auch Ihr Land maximal profitiert.

    • Immer noch nicht weit genug gedacht und nicht weniger manipulativ oder plakativ als die Autoindustrie und ihre Lobbyisten (und SUV- und neuerdings auch Pick-up-Fahrer allerorten): Im Straßenverkehr in Deutschland sterben im Jahr immer noch deutlich mehr als 3.000 Menschen. Da ist ein Rückgang um wenige Prozentpunkte nur Kosmetik; man stelle sich so viele Tote durch entgleisende Züge oder abstürzende Flugzeuge vor – da wäre aber was los (ganz zu schweigen vom Vergleich mit Terroranschlägen). Jeder Tote eine Tragödie für Familien, Angehörige, Freunde und Kollegen – egal, an was er stirbt, eigentlich, oder? Dass der Schiffsverkehr mit Billigdiesel auch ein Unding ist, ist klar. Allerdings laufe ich selten Gefahr, von einem Kreuzfahrtschiff überfahren zu werden. Und es ist nun mal, außer in großen Hafenstädten klar, dass in den Innenstädten die Autos zur Verschmutzung und Verbetonierung beitragen und nicht die Schiffe. Also einfach zwei Themen draus machen und schön getrennt belassen und behandeln. Transportdrohne ist auch mehr so ein PR-Gag, um abzulenken. Sollten nicht bereits die ersten Päckchen von Amazon per Drohne ausgeliefert werden – ich habe noch keine fliegen sehen. Die praktischen Fragen, die sich stellen sind immens (Gefahr durch Rotoren, Zusammenstöße, Landeplätze usw.). Dass der ÖPNV in seinem jetzigen Zustand erheblich verbessert werden muss, da stimmen wir überein. Wer allerdings glaubt, dass autonomes Fahren bedeutet, jeder in seinem Auto unabhängig, wird schnell eines besseren belehrt werden. Wenn alles im Autoverkehr vernetzt ist, wird die Entscheidung des Fahrers über sein Fahrverhalten gegen Null gehen. Dann wird es auch nicht mehr erstrebenswert sein, sein eigenes Auto zu haben, weil man sich damit nicht mehr unterscheiden kann. Mag sein, dass das Design auf den E-Fahrzeugplattformen von Bosch und Google individueller wird; wer es aber günstig und nur pay-per-use mag, wird sich kein Abschreibungsobjekt mehr in die Garage stellen. Um einen Eindruck davon zu bekommen, was sich alles ändern wird empfehle ich mal diesen Beitrag: https://medium.com/hult-business-school-draft/73-mind-blowing-implications-of-a-driverless-future-58d23d1f338d Ich würde mich für Deutschland sehr freuen, wenn es gelänge, die Automobilindustrie als weltweit führende zu behalten; nur manchmal habe ich das Gefühl, dass sich die „Unantastbaren“ für „To big to fail“ halten, ohne zu merken, dass sie in ihrer jetzigen Form einfach nur „to big to change“ sind: http://amp.handelsblatt.com/politik/deutschland/matthias-mueller-vw-chef-wehrt-sich-gegen-diesel-nachruestungen-und-nennt-volkswagen-systemrelevant/21026242.html?__twitter_impression=true Und zum Schluss darf ich sagen: Schade, dass du Anonym kommentierst.

  2. Pingback: Heute nur Bloghygiene – Pflugblatt* (beta)

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